Lettland: Mehr Nato willkommen
26.06.2015
USA und Nato zeigen sich zu weiterer Aufrüstung entschlossen, um Russland in seine Schranken zu weisen. "Russlands Aggression" ist eine geflügelte Wendung lettischer Regierungsvertreter, die von hiesigen Journalisten bereitwillig übernommen wurde. Ihre Haltung zur Nato und zur Kiewer Regierung ist geradezu distanzlos, die Kritik an Moskau dagegen um so heftiger. Jüngste Ankündigungen, an den Grenzen zu Russland aufzurüsten, begrüßen die Letten als solidarische Maßnahme ihrer Verbündeten. Das kollektive Trauma von 1940 wirkt nach, als ihr militärisch isoliertes Land von der Roten Armee überfallen wurde. Doch ob mehr Soldaten und Waffen an Russlands Grenzen tatsächlich Sicherheit bieten, den Frieden sichern, bezweifeln deutsche Kritiker.
US-Panzer Abrams in Lettland, Foto: „Operation Atlantic Resolve 141106-Z-SC231-004“ von Sgt. Angela Parady - https://www.dvidshub.net/image/1645770. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons.
Russland hat Schuld, wenn Nato-Staaten vertragsbrüchig werden
Am 23.6.2015 traf US-Verteidigungsminister Ashton Carter seine baltischen Nato-Kollegen in Tallinn. Die USA wollen weitere 250 Panzer, Militärfahrzeuge und schweres Gerät in sieben europäische Staaten bringen und mehr Soldaten abkommandieren. Neben den baltischen Ländern ist auch Deutschland als Stationierungsort vorgesehen. Die Verteidigungsminister flogen am Tag darauf zum Nato-Treffen nach Brüssel. Dort beschlossen sie, die schnelle Eingreiftruppe auf 40.000 Soldaten zu verdoppeln. Auf dem Militärstützpunkt Adaži üben bereits regelmäßig 150 US-Soldaten mit ihren lettischen Verbündeten. In den nächsten drei Monaten wird erneut eine US-Brigade aus Vicenza nach Lettland abkommandiert. Sie ersetzen dort ihre Kameraden. Der turnusmäßige Truppenwechsel im Rahmen der Operation "Atlantic Resolve" wird zur Routine und stellt den Nato-Russland-Vertrag in Frage. Dieser untersagt beständige Nato-Präsenz an der russischen Grenze. Doch aus Sicht der Nato-Vertreter ist es Russland, das für einen möglichen Vertragsbruch verantwortlich ist. J?nis S?rts, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, rechtfertigte am 26.6.2015 im Lettischen Radio die fortdauernde US-Präsenz in seinem Land: Er bezeichnete sie als Reaktion auf Russlands Politik in der Ukraine. Zudem rüste Russland seine Division in Pskow auf und erneuere eine Helikopterbasis, 30 Kilometer von Lettland entfernt. S?rts findet die stationierten Nato-Einheiten "verhältnismäßig klein" und als Antwort auf die russische Politik nachvollziehbar. Gleichzeitig betont er die westliche Überlegenheit der Nato: Russland kenne selbst die negativen Folgen eines Konflikts, die Nato sei zehnmal stärker.
Russische Fallschirmspringer, Foto: „Trainees of ?????? before jump“ von Max071086. Original uploader was Max071086 at ru.wikipedia - Transferred from ru.wikipedia; transferred to Commons by User:Micha? Sobkowski using CommonsHelper. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons.
Immer schneller drehende Konfliktspirale
Wieder einmal waschen die Verantwortlichen ihre Hände in Unschuld, wenn sie ihre militärisch-industriellen Komplexe befriedigen. Schuld hat stets die andere Seite. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen beschwörte auf der Brüsseler Tagung, dass es keinen neuen Kalten Krieg geben werde. Das klingt wie Pfeifen im Walde. Der SPD-Politiker und Publizist Dieter Spöri sieht die erhebliche Mitverantwortung sowie nahezu groteske Überheblichkeit, die das westliche Establishment ergriffen hat, und warnt vor den Folgen: "Die Analyse der neuen wirtschaftlichen und militärischen Ost-West-Eskalation zeigt, dass sich nicht nur Moskau mit seinem Eingreifen in der Ukraine-Krise und seinen Rüstungsanstrengungen, sondern auch Europa und Deutschland als europäische Führungsmacht, ja der ganze Westen in einer Konfrontationsspirale verhakt haben und wechselseitig konfliktverschärfend agieren. Was fehlt, ist einfach der Mut zu einem wirksamen Kurs der Deeskalation, mit dem wir aus diesem Teufelskreis wieder aussteigen können. Der Ansatz des Minsker Abkommens zu einem Waffenstillstand in der Ukraine war richtig, aber in einem Umfeld sich steigernder Eskalation viel zu punktuell und halbherzig. Die sich immer schneller drehende Konfliktspirale kann die Welt an einen Abgrund führen."
Weitere LP-Artikel zum Thema:
Außenminister Steinmeier in Lettland
Lettland: US-Militärfrachter lieferte Kriegsgerät nach Riga
Terroranschlag in Paris überschattet den Beginn der lettischen EU-Ratspräsidentschaft
Lettland: Russisch-ukrainischer Konflikt bewirkt weiterhin viel innenpolitische Aufregung
Lettland: Parlamentarier beschließen höheren Wehretat
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz weist die lettische Abgeordnete Tatjana Ždanoka zurecht
Lettland: Die Krim-Krise wird zum innenpolitischen Thema
Lettland: Rentner kündigen Proteste an und warnen vor einem "lettischen Maidan"
Externe Linkhinweise:
blog-der-republik.de: Sanktionen und Aufrüstung: Die gefährliche Ost-West-Spirale
mod.gov.lv: ?dažos notiks ASV 173.k?jnieku brig?des 503.k?jnieku pulka 1.bataljona komandiera mai?a
lsm.lv: Aizsardz?bas ministrija: NATO politika Baltij? ir pašas Krievijas r?c?bas sekas
lsm.lv: NATO aizsardz?bas ministri nolemj tr?sk?ršot rea??šanas sp?kus
zurück