Lettland richtet mit Estland und Dänemark den Divisionsstab „Ziemeli“ (Nord) ein
02.03.2019
„Ein Teil des Stabspersonals wird sich beständig auf lettischem Territorium aufhalten“
Während des Nato-Treffens in Brüssel unterschrieben die Verteidigungsminister Lettlands, Estlands und Dänemarks am 14. Februar 2019 ein Memorandum. Es sieht die Einrichtung eines Kommandostabs vor, der sowohl im lettischen Militärstützpunkt Adazi als auch im dänischen Karup Quartier beziehen wird. Dieser Stab „Nord“ soll im Ernstfall eine Truppe in Divisionsstärke (Soldaten in fünfstelliger Zahl) befehligen. Er wird dem Multinationalen Korps Nordost unterstellt, dessen Hauptquartier sich in Stettin befindet. Mindestens 300 Führungskräfte der drei Nato-Rahmenstaaten sollen nach Adazi abkommandiert werden. Weitere Offiziere können aus Kanada, Großbritannien und Litauen hinzukommen. Mit diesen Verbündeten wurde bereits im letzten Sommer diese neue Militärpräsenz in der Nähe der russischen Grenze vereinbart. Seit September letzten Jahres wird Lettlands bekanntester Truppenstandort für diesen Zweck hergerichtet, ab Mitte 2020 soll die neue Kommandozentrale voll einsatzfähig sein.
Flaggen vor dem Brüsseler Hauptquartier der Nato, Foto: Senior Master Sgt. Adrian Cadiz - Secretary of defense visits NATO, Gemeinfrei, Link
Die Einrichtung des Stabs in Lettland sei „nicht nur ein sehr bedeutender Schritt für die Stärkung der lettischen Verteidigung, sondern für die Sicherheit der ganzen Region,“ meinte Artis Pabriks, der Verteidigungsminister der neuen lettischen Regierungskoalition (sargs.lv).
In einer Annotation zum Memorandum begründet das lettische Kabinett den weiteren Ausbau der mittelosteuropäischen Nato-Präsenz mit „Russlands aggressiver Außenpolitik“, auf die das Militärbündnis entsprechend reagieren müsse (google.lv). Die neue Einrichtung wird darin so beschrieben: „Der Stab ist eine von Lettland, Estland und Dänemark gestaltete internationale Militärformation, in der die erwähnten Staaten die Rolle der Stab-Rahmennationen übernommen haben, welche größere Beiträge zur Einrichtung des Stabs vorsehen und denen auch eine größere Entscheidungsgewalt über die Tätigkeit und Entwicklung des Stabs zugewiesen ist. Der Stab steht auch für die Teilnahme weiterer Verbündeter offen. Ziel der Einrichtung dieses Stabs ist es, die kollektive Sicherheit und Verteidigung zu stärken, das Element der Kommandoführung in der baltischen Region zu sichern.“ Und zudem heißt es: „Ein Teil des Stabspersonals wird sich beständig auf lettischem Territorium aufhalten.“
Sollten sich nicht nur lettische Führungskräfte, sondern beispielsweise auch dänische oder kanadische dauerhaft in Adazi aufhalten, dann erreichte der Nato-Streit mit Russland eine neue Stufe.
Denn dann hätten die Regierungen der baltischen Länder ihr Ziel, auf ihrem Territorium eine dauerhafte Nato-Präsenz einzurichten, zumindest im Ansatz erreicht. Bislang wechseln sich internationale Nato-Soldaten, die in der baltischen Region stationiert sind, regelmäßig ab.
Mit dieser Rotation will das Militärbündnis zumindest formal die Zusage einhalten, die in der Nato-Russland-Akte von 1997 gemacht wurde: „Die Nato wiederholt, dass das Bündnis in dem gegenwärtigen und vorhersehbaren Sicherheitsumfeld seine kollektive Verteidigung und andere Aufgaben eher dadurch wahrnimmt, dass es die erforderliche Interoperabilität, Integration und Fähigkeit zur Verstärkung gewährleistet, als dass es zusätzlich substantielle Kampftruppen dauerhaft stationiert,“ und: „In diesem Zusammenhang können, falls erforderlich, Verstärkungen erfolgen für den Fall der Verteidigung gegen eine Aggressionsdrohung.“ (nato.int)
Manche zweifeln, ob der ukrainisch-russische Konflikt und weitere russische Aktionen, die aus der Sicht westlicher Regierungen und vieler Medien kritisch und zuweilen ziemlich einseitig betrachtet werden, als eine Aggression zu werten ist, die eine dauerhafte Nato-Präsenz an der Grenze zu Russland rechtfertigt.
Der ehemalige Nato-General Harald Kujat, der sich für ein friedliches Verhältnis mit Russland engagiert, hält das Versprechen, nicht dauerhaft Truppen zu stationieren, zwar für eine einseitige Zusage, die die Nato jederzeit zurücknehmen könne, doch er fügte im Interview mit der Deutschen Welle im Krisenjahr 2014 hinzu: „aber ich denke, das wäre ein großer Fehler. Denn der Wert der strategischen Partnerschaft zwischen der Nato und Russland ist sehr viel größer als der Wert, den man erreichen könnte, wenn man im Baltikum Truppen stationiert. Das wäre eher eine Eskalation oder eine Verschlechterung der Beziehungen.“ (dw.com)
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