Premier Godmanis will in Lettland Gehälter einfrieren
16.09.2008
Der lettische Ministerpräsident Ivars Godmanis will mit einer drastischen Maßnahme die Wirtschaft seines Landes stabilisieren: Er beabsichtigt, im kommenden Jahr die Gehälter der Staatsbe-
diensteten einzufrieren. Damit will er vermeiden, dass die staatlichen Ausgaben die Einnahmen übersteigen, und den Wettlauf zwischen Preisen und Löhnen unterbrechen, der Lettland die höchsten Inflationsraten im EU-Raum beschert. Die Gewerkschafter im Lande verstehen dies als Kampfansage. Auch die mitregierende Union der Grünen und Landwirte (Zaļo un Zemnieku savienība - ZZS) will Godmanis' Plan nicht zustimmen.
Der Godmanis-Trick zur Haushaltssanierung: Man packe die Gehälter der Staatsbediensteten ins Gefrierfach, Tür zu, fertig! Photo: Udo Bongartz
Der Godmanis-Trick zur Haushaltssanierung: Man packe die Gehälter der Staatsbediensteten ins Gefrierfach, Tür zu, fertig! Photo: Udo Bongartz
Der Präsident der Lettischen Nationalbank, Ilmārs Rimšēvičs, teilte den Fernsehzuschauern in der Talk-Sendung Kas notiek Latvijā? (KnL) am letzten Mittwoch mit, wie ausländische Beobachter den Zustand der lettischen Wirtschaft beschrieben: Der vormals so agile “baltische Tiger” sei in den Schlaf verfallen. Die Zahlen aus seinem Haus, die die Tageszeitung Diena am 11. September veröffentlichte, bestätigen diesen Eindruck: So wurde die BIP-Wachstumsprognose für 2008 von den zunächst erwarteten 2,5 auf 0,5-1 Prozent zurückgenommen. Die Notenbanker rechnen darüber hinaus mit weiterhin hohen Inflationsraten: Mehr als 13 Prozent im kommenden Dezember und zwischen 15,5-15,8 Prozent für das gesamte Jahr 2008. Rimšēvičs begrüßte dagegen die Verringerung des Außenhandelsdefizits. Wegen der mangelnden Nachfrage wurden nämlich weniger Waren eingeführt.
Die Wirtschaftsflaute reduziert die Steuereinnahmen, so dass die Regierung nächstes Jahr erstmals mit einem schrumpfenden Etat planen muss. Rimšēvičs fordert einen ausgeglichenen Staatshaushalt, denn bereits jetzt habe Lettland die größten Auslandsschulden im Kreis der neuen EU-Mitglieder.
Premier Godmanis beabsichtigt daher, das Haushaltsdefizit auf 1,85 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu begrenzen. Er sieht die Gefahr, dass Lettland sonst gegen die Maastricht-Kriterien verstoße und Strafen der EU und des Internationalen Währungsfonds drohten. Dies erklärte der Regierungschef am Dienstag in einer Pressekonferenz. Sein Sparplan macht ihn ähnlich unbeliebt, wie es sein Vorgänger Aigars Kalvītis kurz vor seinem Rücktritt im letzten Herbst war: Godmanis will die Gehälter aller staatlichen Angestellten einfrieren. Dies betrifft auch Arbeitnehmer mit geringen Gehältern, die längst zugesagte Lohnerhöhungen einfordern.
Erwartungsgemäß empört reagieren Gewerkschafter. Der Vorsitzende des Bundes der Freien Gewerkschaften Lettlands (Latvijas Brīvo arodbiedrību savienība), Pēteris Krīgers, drohte mit unbefristetem Streik und Sturz der Regierung. Ihr Beschluss sei verantwortungslos. “Das Einfrieren der Gehälter im Etat 2009 ist eine offene Verhöhnung der im Bildungsbereich, im Gesundheitsdienst, bei der Polizei oder in der Kultur tätigen Arbeitnehmer, und das ist faktisch eine Bankrotterklärung der politischen Macht”, kommentierte Krīgers Anfang September im Web-Portal Delfi. Die Gewerkschafter fürchten, dass nun viele private Haushalte verarmen und noch mehr Einwohner ihr Land verlassen werden. Bei dem rasanten Anstieg der Tarife, Gebühren und Preise sei dieser Beschluss für die Bevölkerung eine Katastrophe.
Die mitregierende Union der Grünen und Landwirte schloss sich teilweise den Argumenten der Gewerkschafter an. ZZS-Fraktionsvorsitzender Augusts Brigmanis erklärte vor einer Woche gegenüber Journalisten die Haltung seiner Partei: Das Einfrieren der Gehälter sei nicht die richtige Lösung. Es bremse die wirtschaftliche Entwicklung und verschlechtere die finanzielle Lage vieler Familien.
Lettland hat längst ein westeuropäisches Preisniveau erreicht. Die Löhne vieler Berufsgruppen hinken trotz beträchtlicher Gehaltssteigerungen hinterher. Zum Beispiel verdient eine Krankenschwester knapp 400 Euro im Monat. So gilt die Sorge der Kritiker vor allem den Geringverdienern. Trotz scharfer Töne sind die Gewerkschafter bereit, mit der Regierung Godmanis zu verhandeln, damit zumindest gering bezahlte Arbeitnehmer noch mit Lohnerhöhungen rechnen können. Delfi zitierte am 12. September aus einem offenen Brief der Gewerkschafter an Godmanis: “... die Regierung schickt sich an, die Verantwortung für einen ausgeglichenen Staatshaushalt allein den Arbeitnehmern im staatlichen Bereich aufzubürden, wohl wissend, dass die Gehälter nicht homogen sind, dass neben jenen Arbeitnehmern, deren Gehälter tausend, zwei- ja selbst dreitausend Lats im Monat übersteigen, es auch solche gibt, welche lediglich einen Lohn am Existenzminimum erhalten.”
Die Wirtschaftsflaute reduziert die Steuereinnahmen, so dass die Regierung nächstes Jahr erstmals mit einem schrumpfenden Etat planen muss. Rimšēvičs fordert einen ausgeglichenen Staatshaushalt, denn bereits jetzt habe Lettland die größten Auslandsschulden im Kreis der neuen EU-Mitglieder.
Premier Godmanis beabsichtigt daher, das Haushaltsdefizit auf 1,85 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu begrenzen. Er sieht die Gefahr, dass Lettland sonst gegen die Maastricht-Kriterien verstoße und Strafen der EU und des Internationalen Währungsfonds drohten. Dies erklärte der Regierungschef am Dienstag in einer Pressekonferenz. Sein Sparplan macht ihn ähnlich unbeliebt, wie es sein Vorgänger Aigars Kalvītis kurz vor seinem Rücktritt im letzten Herbst war: Godmanis will die Gehälter aller staatlichen Angestellten einfrieren. Dies betrifft auch Arbeitnehmer mit geringen Gehältern, die längst zugesagte Lohnerhöhungen einfordern.
Erwartungsgemäß empört reagieren Gewerkschafter. Der Vorsitzende des Bundes der Freien Gewerkschaften Lettlands (Latvijas Brīvo arodbiedrību savienība), Pēteris Krīgers, drohte mit unbefristetem Streik und Sturz der Regierung. Ihr Beschluss sei verantwortungslos. “Das Einfrieren der Gehälter im Etat 2009 ist eine offene Verhöhnung der im Bildungsbereich, im Gesundheitsdienst, bei der Polizei oder in der Kultur tätigen Arbeitnehmer, und das ist faktisch eine Bankrotterklärung der politischen Macht”, kommentierte Krīgers Anfang September im Web-Portal Delfi. Die Gewerkschafter fürchten, dass nun viele private Haushalte verarmen und noch mehr Einwohner ihr Land verlassen werden. Bei dem rasanten Anstieg der Tarife, Gebühren und Preise sei dieser Beschluss für die Bevölkerung eine Katastrophe.
Die mitregierende Union der Grünen und Landwirte schloss sich teilweise den Argumenten der Gewerkschafter an. ZZS-Fraktionsvorsitzender Augusts Brigmanis erklärte vor einer Woche gegenüber Journalisten die Haltung seiner Partei: Das Einfrieren der Gehälter sei nicht die richtige Lösung. Es bremse die wirtschaftliche Entwicklung und verschlechtere die finanzielle Lage vieler Familien.
Lettland hat längst ein westeuropäisches Preisniveau erreicht. Die Löhne vieler Berufsgruppen hinken trotz beträchtlicher Gehaltssteigerungen hinterher. Zum Beispiel verdient eine Krankenschwester knapp 400 Euro im Monat. So gilt die Sorge der Kritiker vor allem den Geringverdienern. Trotz scharfer Töne sind die Gewerkschafter bereit, mit der Regierung Godmanis zu verhandeln, damit zumindest gering bezahlte Arbeitnehmer noch mit Lohnerhöhungen rechnen können. Delfi zitierte am 12. September aus einem offenen Brief der Gewerkschafter an Godmanis: “... die Regierung schickt sich an, die Verantwortung für einen ausgeglichenen Staatshaushalt allein den Arbeitnehmern im staatlichen Bereich aufzubürden, wohl wissend, dass die Gehälter nicht homogen sind, dass neben jenen Arbeitnehmern, deren Gehälter tausend, zwei- ja selbst dreitausend Lats im Monat übersteigen, es auch solche gibt, welche lediglich einen Lohn am Existenzminimum erhalten.”
"Ich bin der versprochene Inflationsausgleich, den Premier Godmanis noch nicht zum Schlucken erwischt hat"... Photo: Wikimedia Commons
Auf die kürzliche Frage des KnL-Moderators Jānis Domburs, warum der Regierungschef das noch im Februar 2008 geäußerte Versprechen nicht einhalte, den Beschäftigten im staatlichen Sektor zumindest einen Inflationausgleich zu gewähren, erwiderte Godmanis zerknirscht und mit einem schweren Stoßseufzer, dies nun einmal das Schicksal von Politikern (gemeint dürfte sein: frühere Zusagen von Wohltaten zu kassieren und anschließend als Kröten zu schlucken), die Situation, ach die Situation, sei eben kompliziert.
-Udo Bongartz-
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