Lettland: Euro-Skepsis nimmt wieder zu
28.06.2013
Der Beitritt Lettlands zur Euro-Zone zum 1.1.2014 ist feste Absicht der EU-Vertreter. Die Zustimmung des Europäischen Rats, also der 27 Regierungschefs, die sich gerade in Brüssel treffen, ist den Letten gewiss, der endgültige Beschluss der Finanzminister am 9.7.13 nur noch Formsache. Lettland erfüllt die Maastricht-Kriterien besser als die meisten der 17 Länder, die den Euro bereits eingeführt haben. Aber die lettische Bevölkerung bleibt mehrheitlich skeptisch. Der lettische EU-Kommissar für Entwicklung, Andris Piebalgs, prophezeite vor dem Treffen der EU-Regierungschefs, dass die Euro-Einführung in seinem Land „glatt“ vonstatten gehen werde. Dabei bezog er sich auf eine angeblich zunehmende Akzeptanz in der Bevölkerung. Doch die Zahlen des Eurobarometers, auf die sich Piebalgs bezieht, bestätigen seinen Optimismus nicht. Seit 2004 sind jene Letten, die den Euro ablehnen, in der Mehrheit, häufig mit Werten über 50 Prozent. In der letzten Umfrage vom April erreichten die Eurokritiker erneut 54 Prozent. Das liegt nur knapp unter dem Höchststand (55 Prozent) vom Mai 2009 und 2011. Im Vergleich zum April 2012 vergrößerte sich die Skepsis wieder: Damals sahen 43 Prozent den Euro sehr bzw. überwiegend positiv, 51 Prozent ihn sehr bzw. überwiegend negativ. Bei der letzten Erhebung vom April 2013 betrug die Zahl der Skeptiker 54 Prozent, jene der Befürworter 40 Prozent. Dreiviertel der Letten fürchtet Preiserhöhungen. Piebalgs hat die neuesten Zahlen anscheinend übersehen.
Lettlands EU-Kommissar Andris Piebalgs glaubt, dass seine Landsleute den Euro akzeptieren werden, Foto: United Nations Development Programme, Lizenz
Folgen der Euro-Einführung in Lettland, Umfrage in Prozent
Quelle: Eurobarometer. Die Frage lautete: "Glauben sie, dass die Einführung positive oder negative Folgen für Lettland hat?"
Ein Referendum wäre zu riskant
Piebalgs weist auf das Nachbarland Estland, wo nach der Euro-Einführung 73 Prozent die neue Währung befürworteten. Innerhalb der Währungsunion sei die Zustimmung größer als außerhalb. Dies sei ein „psychologisches Phänomen“, das man nur schwer erklären könne. Offenbar vertraut der lettische Kommissar darauf, dass seine Landsleute schon einsehen werden, wie gut der Euro für sie sein wird: „Ich denke, dass die Euro-Einführung in Lettland sehr, sehr glatt vonstatten gehen wird. Es wird nur kurze Zeit dauern, bis auch die alten Leute vollständig im Frieden mit dem Euro leben werden." Piebalgs ist sich mit der lettischen Regierung einig, die eine Volksabstimmung ablehnt: „Die Durchführung eines Referendums ist immer eine sehr riskante Angelegenheit. Falls du ein Referendum durchführst und eine negative Antwort erhälst, kannst du davon ausgehen, ein weiteres Referendum zu veranstalten. In einem Referendum stimmen die Menschen oftmals nicht dafür, was in Wirklichkeit erforderlich ist.“
Neue Mitgliedstaaten ohne Euro im Vergleich, Umfrage April 2013
Quelle: Eurobarometer. Die Frage lautete: "Glauben sie, dass die Einführung positive oder negative Folgen für ihr Land hat?" Nur in Rumänien sind die Befürworter in der Mehrheit.
Ablehnung nicht nur aus emotionalen Gründen
Die Demoskopen befragten 7014 Bürger aus den neuen EU-Mitgliedstaaten, die den Euro noch nicht eingeführt haben. In Lettland antworteten 1003 Einwohner. In Bezug auf manche Kriterien erreichten die Letten Höchstwerte der Ablehnung: Mehr als in den Vergleichsländern fürchten sie unfaire Preiserhöhungen (81 Prozent), die Einbuße nationaler Identität (75 Prozent), aber auch den Verlust nationaler Kontrolle über die Wirtschaft (63 Prozent).
Weitere LP-Artikel zum Thema:
Lettland: Parlamentarier beschließen, am 1. Januar 2014 den Euro einzuführen
Warum die Letten den Euro demnächst nicht einführen sollten - Kommentar
Externe Linkhinweise:
europa.eu: Flash Eurobarometer 377
Piebalgs: Latvij? eiro ieviešana ies ?oti gludi
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