Lettisches Centrum Münster e.V.

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Lettische Umweltschützer beklagen die Zerstörung geschützter Waldgebiete im Staatsforst
11.08.2021


“Manchmal scheint es, dass wir heutzutage bewusst ignorant sind...”

Gefällte Bäume im lettischen Staatsforst, Foto: CC BY 3.0, Link

 

54 Prozent des lettischen Territoriums besteht aus Wald, das sind 33.560 Quadratkilometer, mehr als die Gesamtfläche Belgiens. Innerhalb der EU haben prozentual nur Slowenien (62 Prozent), Schweden (68,9) und Finnland (73,1) noch größere Anteile (wikipedia.org). Der Wald hat eine große Bedeutung für die lettische Exportwirtschaft und derzeit belebt die internationale Nachfrage das Geschäft. Große Bedeutung hat er aber auch für den Umwelt- und Klimaschutz, für die Artenvielfalt und als CO²-Speicher. Lettische Naturschützer weisen darauf hin, dass die derzeitige Art, ihn wirtschaftlich zu nutzen, ökologischen Schaden verursacht (ldf.lv). Sie beanstanden, dass die staatseigene AG “Lettlands Staatsforsten” (LVM), die mit Abstand größte Waldbesitzerin des Landes, die dem Ministerium für Umweltschutz und Regionale Entwicklung (VARAM) untersteht, Bäume in geschützten Gebieten fällt und damit den Artenschutz gefährdet.


Der lettische Umweltfonds (LDF) und weitere Umweltschutzorganisationen appellieren an LVM und VARAM, nicht weiter geschützte Waldbiotope zu zerstören. Im letzten Jahr verkündete das lettische Ministerkabinett eine Verordnung, die für verschiedene Baumarten bis 2025 maximale Fällquoten festlegt. In einem Zusatz bestimmte die Regierung, dass in Flächen, die - theoretisch - geschützt sind, kein Holzeinschlag vorgesehen sei (likumi.lv). Doch aufgrund der Angaben des LVM-Vorstandsmitglied Martins Gaigals errechneten die Umweltschützer, dass in den nächsten Jahren 15 Prozent des Holzes aus geschützten Gebieten stammen könnte.


Valdis Lukjanovs, Leiter der semgallischen Abteilung des Umweltschutzclubs, kommentiert die Absicht der LVM-Verantwortlichen: “Die AG `Lettische Staatsforsten`, die sich hinter Geschäftsgeheimnissen versteckt, gibt die geplanten Kahlschlagsgebiete sogar bei ökologisch bedeutenden Flächen mit speziellen Bewirtschaftungsplänen nicht bekannt. Zugleich gibt es Fälle, dass die nach EU-Kriterien geschützten Biotope nur aufgrund der Beobachtung von Anwohnern vor dem Kahlschlag gerettet wurden. Für uns ist es absolut inakzeptabel, dass das von FSC und PEFC zertifizierte staatliche Forstunternehmen seine kommerzielle Funktion zulasten der internationalen staatlichen Verpflichtungen ausübt und das Gesetz offen missachtet [...]” (ldf.lv)


Lukjanovs nennt zwei Zertifikate, an denen sich LVM orientieren muss. Eines stammt von der Nichtregierungsorganisation Forest Stewardship Council (FSC). Die FSC-Zertifizierung betrifft nicht nur ökologische, sondern auch soziale Belange. Die zweite Zertifizierung, zu der sich LVM verpflichtet hat, ist PEFC, das Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldbewirtschaftung, das aus der internationalen Ministerkonferenz 2009 zum Schutz der Wälder in Europa hervorging, an der alle EU-Länder und weitere Staaten beteiligt waren. Viele Umweltorganisationen halten das weit verbreitete PEFC für unzureichend, weil die ökologischen Kriterien zu schwach seien und es mangelhaft kontrolliert werde. Das deutsche Umweltbundesamt begrüßt zwar PEFC, “kritisiert allerdings die nicht ausreichende Kontrolle der Einhaltung der Kriterien. Die Siegelvergabe erfolgt nur auf Basis einer Selbstauskunft, teilweise für ganze Waldregionen. Kontrollen erfolgen nur stichprobenartig.” (umweltbundesamt.de)


Die Kontrolle haben nun in Lettland die Bürger und die Umweltschützer übernommen, die Gesetzesverstöße beobachten und zuweilen den Kahlschlag in geschützten Biotopen verhindern können. Die Umweltschutzverbände beklagen, dass sich alle schützenswerte Biotope im schlechten Zustand befinden und nur mangelhaft geschützt werden.


Janis Rozitis, lettischer Geschäftsführer des WWF ergänzt: “Es ist schwer derzeit von einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung zu sprechen oder auch nur über einen Schritt Richtung Nachhaltigkeit, wenn wir an die Forstwirtschaft in Bezug auf Zertifizierung denken, wenn man begreift, dass fast täglich biologisch hochwertige Waldgebiete in Lettland bewusst missachtet und zerstört werden. In unserem Land geschieht das in einem Augenblick, in dem die Aktualität des Verschwindens der Artenvielfalt auf der Tagesordnung höchster staatlicher Amtsträger steht und höchst ambitionierte Ziele auf nationaler Ebene angestrebt werden. Manchmal scheint es, dass wir heutzutage bewusst ignorant sind, um unsere natürlichen Ressourcen auszubeuten und uns morgen weniger Verantwortung für die Bewahrung der Natur übrigbleibt.”  (ldf.lv)  Auf den Webseiten von LVM und VARAM sind zu diesem Thema keine Stellungnahmen zu finden.

UB 




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